„M-Cut“, ein neu entwickeltes Verfahren von Manz, modifiziert ein Glassubstrat mit einem Laser entlang einer Linie, um es in variablen Geometrien zu trennen – für eine höhere Kantenqualität und Bruchfestigkeit sowie schnelleren Durchsatz im Fertigungsprozess.
Mit nur zwei Mikrometern Durchmesser ist die Sache geritzt. Sprichwörtlich, denn beim neuen Laserschneidverfahren M-Cut reicht eine hauchdünne Modifikation mit einem ultrakurz gepulsten Pikosekundenlaser – ähnlich einer Perforierung – um superhartes und kratzfestes Glas bis zu einer Materialdicke von 2 Millimetern zu schneiden. Diese nächste Stufe der Evolution der Laserprozesstechnologie eignet sich für alle spröden Materialien, die in der Elektronikindustrie derzeit verarbeitet werden. Ganz besonders also für chemisch und thermisch gehärtetes Glas und zunehmend auch Saphir für Displays oder Kamera-Deckgläser, wie sie für Tablets, Smartphones oder Wearables benötigt werden.
M-Cut steht für modification cut und beschreibt auch den zugrundeliegenden Prozess für einen sauberen Schnitt: Das Material wird ähnlich einer Perforierung modifiziert. Durch den moderaten Energieeintrag ist das Verfahren äußerst schonend für das bearbeitete Substrat. Möglich macht das eine gegenüber bisherigen Ultra-Kurzpulslasern veränderte Strahlquelle mit einer speziell angepassten Optik, die das Material entlang einer Linie modifiziert (Bild 1). Die erzeugte Schnittkante weist eine Rauigkeit von weniger als 0,5 Mikrometer auf (Bild 2). Ein aufwändiges Nachpolieren dieser Kante entfällt somit.
M-Cut ist damit eine überlegene Alternative zum „thermischen“ Laserstrahlschneiden mit Kurzpulslasern im Mikrosekundenbereich, bei dem das Glassubstrat an der Schnittkante aufgeschmolzen wird. Das neue Verfahren ist zudem auch qualitativ besser als das Trennen von Substraten in einer „kalten“ Ablation. Auch diese erfolgt mittels eines Ultra-Kurzpulslasers im Pikosekundenbereich, bei dem das Material lokal verdampft. Dadurch kann es zum Beispiel zu leichten Verfärbungen im Material oder zu sogenannten Chippings, also kleinen Absplitterungen, kommen.
Glas als Material für Elektronik-Anwendungen muss nicht nur hart und kratzfest sein, sondern immer öfter auch flexibel oder biegsam und fast immer berührungsempfindlich – Stichwort: Touch Displays. Innovationen in der Laserbearbeitung waren eine Voraussetzung dafür, dass sich solche Displays kostengünstig und in hoher Qualität herstellen ließen und sich die Technologie im Massenmarkt durchsetzen konnte. Denn gerade bei mobilen Endgeräten sind die mechanischen Anforderungen an das Material sehr hoch.
Die Substrate der Displays werden deshalb chemisch gehärtet, allerdings bisher oft erst nach dem Ausschneiden aus einem bis zu 2,2 mal 2,5 Meter großen Glassubstrat. Ein mechanisches Ausschneiden von Displays mit Außen- und Innenkonturen oder von Kameradeckgläsern zum Beispiel für Smartphones war nach dem Härten stets eine Herausforderung: Der Werkzeugverschleiß war enorm hoch, Schnittkanten mussten aufwändig nachpoliert werden. Zudem konnte der Schneideprozess Mikrorisse verursachen, die die Bruchfestigkeit der Glassubstrate negativ beeinflussten. Deshalb wurden die Gläser erst geschnitten und anschließend im chemischen Bad gehärtet – ein recht unwirtschaftlicher Prozess.
Dieser wurde zwangsläufig auch bei den Laserschneidprozessen der ersten Generation beibehalten, da auch sie sich noch nicht zum Schneiden von bereits gehärtetem Material eigneten. M-Cut hingegen macht es möglich, große Glassubstrate erst zu härten und anschließend in hoher Qualität zu schneiden. Das Material ist dadurch sehr stabil und kann während des Schneidens nicht brechen. Da chemisch gehärtetes Glas eine gewisse Eigenspannung hat, reicht eine Perforation des Materials für den perfekten Schnitt – die einzelnen ausgeschnitten Gläser lassen sich anschließend problemlos heraustrennen. Bei Saphir, das keine solche Eigenspannung hat, benötigen die Display-Hersteller einen zweiten Arbeitsschritt, um die ausgeschnittenen Konturen aus dem Material herauszutrennen.
Viele unterschiedliche Geometrien sind mit dem neuen Laserschneidverfahren möglich (Bild 3). Dazu zählen auch „Schnitte um die Ecke“ im Winkel von 90 Grad. Das System ist XY-achsen- und nicht Scanner-basiert, das heißt, es gibt keine Einschränkungen bei der Größe der auszuschneidenden Konturen durch ein limitiertes Scan-Feld. Die Materialausnutzung ist sehr hoch: Nur 0,5 Millimeter Zwischenraum zwischen zwei auszuschneidenden Geometrien reichen aus. Künftig könnte sogar ein Schnitt genügen, um eine Kante zweier Geometrien gleichzeitig auszuschneiden. Nicht nur Abdeckgläser für Kameras lassen sich mit den bis zu vierköpfigen M-Cut-Anlagen ausschneiden, sondern auch Kameralinsen selbst, etwa in winzigen Durchmessern von einem Millimeter oder sogar oval und rechteckig. Da kein Material abgetragen wird, sind in der Fertigung auch keine Absauganlagen nötig. Die Vielfalt der zu bearbeitenden Materialien ist sehr groß, Anwender können ihre Fertigung von einem auf den anderen Tag flexibel umstellen – indem sie einfach die Parameter des Lasers ändern.